Die generative Fertigung, gemeinhin als „3D-Druck“ bezeichnet, ist eine Fülle an Verfahren, um Bauteile auf Basis digitaler Daten herzustellen. Kunststoffe, Metalle und keramische Werkstoffe lassen sich verarbeiten. Neben hochqualitativen industriell eingesetzten Anlagen können einfache 3D-Drucker für wenige 100 Euro gekauft werden.
Die kompakten „Heimdrucker“ arbeiten nach dem Schmelzeschichtungsverfahren (fused filament fabrication, FFF), bei dem Kunststoff extrudiert und Schicht für Schicht zum Bauteil zusammengefügt wird. Typische Materialien sind ABS und PLA (Polymilchsäure, ein Biokunststoff), welche in verschiedenen Farben und auch mit Füllstoffen wie Holzmehl und Effektpigmenten verfügbar sind. Das Ausgangsmaterial, das Filament, kostet etwa 20 €/kg. Einige Stunden muss man sich dann gedulden um ein etwa faustgroßes Teil zu produzieren. Die Auflösung liegt, bedingt durch die einzelnen zu druckenden Schichten, bei etwa 0,1mm. Druckdateien können entweder über ein Konstruktionsprogramm erstellt werden oder aber durch Einscannen des zu kopierenden Teils generiert werden. Gegebenenfalls muss beim Nachbau diverser Gegenstände auf die rechtliche Situation geachtet werden.
Industrielle Verwendung
Typische industriell eingesetzte Verfahren sind das selektive Lasersintern (SLS) für Kunststoffe, sowie das selektive Laserschmelzen (SLM) für Metalle. Hier kosten die Drucker typischerweise 100.000 bis 500.000 Euro und das zu verwendende Pulver 50-100 €/kg. Unverbrauchtes Pulver kann großteils rezykliert werden. Ein typischer Werkstoff für SLS-Drucke ist PA11, welches als technischer Kunststoff vergleichsweise gute mechanische Eigenschaften aufweist. 3D-gedruckte Teile können beispielsweise durch Lackieren oder Galvanisieren nachbearbeitet werden. Die mechanischen Eigenschaften von SLS-Bauteilen liegen typischerweise bei etwa 90% der korrespondierenden Spritzgussteile – sofern diese überhaupt „traditionell“ herstellbar sind. Im FFF-Druck werden typischerweise 50% der mechanischen Eigenschaften vergleichbarer Spritzgussteile erreicht.
Anwendungsbereiche
Ein typischer Anwendungsbereich für 3D-Druck sind Prototypen, es gibt aber auch Serienproduktionen. Auf der einen Seite sind dies individualisierte Produkte wie Schuhsohlen, auf der anderen Seite hoch komplexe Bauteile, wie Turbinenschaufeln mit integrierten Kühlkanälen. Ein chinesischer Hersteller, zum Beispiel, bietet 3D-gedruckte Häuser an – die Anwendungspalette ist extrem vielfältig und in kaum einer Branche wird auf die Fähigkeiten eines 3D-Druckers verzichtet. Da es bei der generativen Fertigung keine Kostenreduktion bei großer Ausbringungsmenge gibt, können Kleinstserien, bis hin zu Losgröße 1, rasch und vergleichsweise kostengünstig hergestellt werden.
Vom Entwurf zum Prototypen
Neben der Anschaffung eines eigenen 3D-Druckers, was eine gewisse Auslastung und den Aufbau von Know-How erfordert, kann man sich auch an spezialisierte Dienstleister wenden, welche rasch und kostengünstig die gewünschten Komponenten zu fertigen vermögen.
Wie können Unternehmen von generativer Fertigung profitieren? Die Zeit, vom Entwurf zu einem greifbaren Prototypen zu kommen, lässt sich durch 3D-Druck extrem verkürzen. Es lassen sich komplexe Strukturen, die mit konventionellen Verfahren nur sehr aufwändig oder gar nicht produzierbar wären, herstellen. Die Make-or-Buy Entscheidung wird durch 3D-Druck neu gestellt. Quasi monatlich kommen neue Werkstoffe, Player und Verfahren im Bereich der generativen Fertigung auf den Markt, und finden neue Anwendungen.
So gibt es einen großen Reeder, der durch den Einsatz eines SLM-Druckers auf seinen Containerschiffen einen Großteil der Ersatzteile einsparen konnte. Bei einem deutschen Anlagenbauer helfen 3D-gedruckte Modelle bei der Produktionsplanung. Ein südafrikanisches Startup druckt Speisen für Altenheime in 3D, denn das Auge isst mit. Bei uns an der FH Technikum Wien wird der 3D-Druck in der Lehre eingesetzt – Studierende konstruieren und fertigen Teile für ihre Projekte. In unserer Forschung befassen wir uns damit, das FFF-Verfahren durch den Einsatz von Endlosfasern und die Verwendung eines Roboters für das Freiform-Drucken zu optimieren.
Bleiben Sie im Bereich der generativen Fertigung am Ball – es lohnt sich, Entwicklungen zu verfolgen und innovative Wege auszuprobieren!
Autor: PD DI Dr. Maximilian Lackner, MBA, ist Studiengangsleiter für Master „Internationales Wirtschaftsingenieurwesen“ und Master „Innovations- und Technologiemanagement” an der FH Technikum Wien
Bilder: Adobe Stock | FH Technikum Wien
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