Neuromarketing, also Hirnforschung für das Marketing, ist nach wie vor „In“. Eine google Eingabe dieses Begriffs im Jahr 2001 führte zu einem Nullergebnis – heute meldet die Suchmaschine über 4 Millionen Eintragungen. Gleich ob Marktforscher, Marketing-Manager oder Werber: die Erwartungen an die Hirnforschung für`s Marketing sind nach wie vor hoch.
Die High-Tec-Faszination der millionenteuren Hirntomografen und die in der Fach- und Publikumspresse kursierenden Gehirn-Bilder nähren die Hoffnung, endlich die geheimen Buy Buttons im Kunden-Kopf zu finden oder zumindest mit den neuen Hirnforschungsmaschinen Erkenntnisse zu generieren, die den Marken-; Produkt- oder den Werbeerfolg dramatisch erhöhen. Im umgekehrten Verhältnis zur Hoffnung steht aber das Wissen darüber, was Neuromarketing ist, was es heute schon leisten kann und was es morgen leisten wird.
Was ist Neuromarketing?
In einfachster Definition beschäftigt sich Neuromarketing damit, wie Kauf-entscheidungen im menschlichen Gehirn entstehen und vor allem aber, wie man sie beeinflussen kann. Für die Beantwortung dieser Kernfragen des Marketings gibt es aber zwei unterschiedliche Forschungsstränge, die auch gleichzeitig für eine engere oder erweiterte Definition von Neuromarketing stehen:
- In der engeren Definition wird Neuromarketing mit dem Einsatz von apparativen Verfahren der Hirnforschung zu Marktforschungszwecken gleich gesetzt. Von besonderer Bedeutung für die Praxis sind dabei das EEG und der „Hirnscanner“ oder wissen-schaftlich exakt “Functional Magnet Resonance Imaging“ (FMRI).
- In der erweiterten Definition wird Neuromarketing umfassender gesehen. In dieser Definition wird Neuromarketing als die Nutzung der Erkenntnisse der Hirnforschung für das Marketing verstanden. Zwar spielt der Einsatz der oben beschriebenen Hirnforschungs-Apparate zu Marktforschungszwecken auch hier eine Rolle, von wesentlich größerer Bedeutung für diese Perspektive ist jedoch, dass sie die gesamten Erkenntnisse der aktuellen Hirnforschung in die Marketing-Theorie und Marketing-Praxis zu integrieren versucht.
Was ist das Besondere an Neuromarketing?
Neuromarketing stellt den Menschen sozusagen auf den Kopf. Während klassische ökonomische, aber auch psychologische Theorien vom bewussten und rationalen Kunden ausgehen, sieht die Sache aus Sicht der Hirnforschung ganz anders aus: Alle Entscheidungen fallen weitgehend unbewusst und selten rational. Und: Das was der Kunde über seine eigne Entscheidungsfindung z.B. in der klassischen Marktforschung berichtet ist oft falsch und gründet auf einer sogenannten „Nutzerillusion“. Zudem haben direkte Aussagen eines Befragten noch einen weiteren Nachteil – der Befragte antwortet so, dass seine Antworten dem Prinzip der sozialen Erwünschtheit entsprechen. Im Zentrum des Neuromarketings stehen deshalb die Entscheidungsabläufe im Unbewussten.
Einige Beispiele: In einem Versuch mussten Betriebswirtschaftsstudentinnen zwei Filme bewerten:
- Film Nr.1 : Eine emanzipierte Frau, die sich gegen Männer durchsetzt
- Film Nr.2 : Eine Frau, die von einem Prinz wachgeküsst wurde.
In der Befragung präferierten die Studentinnen Film Nr.1 (Soziale Erwünschtheit). Bei den Messungen mit EEG, Hautleitwiderstand und der Gesichtsmuskulatur zeigte sich ein völlig anderes Bild. Die emotionale positive Erregung war bei Film Nr.2 wesentlich stärker.
Inzwischen gibt es viele Praxisbeispiele mit ähnlichen Erfahrungen und Ergebnissen. Nicht immer stehen bewusstes Reporting und die Messung der unbewussten Reaktion im Gegensatz zu einander – deshalb werden heutige Neuromarketing-Untersuchungen immer aus klassischen Untersuchungsmethoden (Interview, Befragung etc.) verknüpft. Diese Verknüpfung hat einen weiteren Vorteil: Neuromarketing-Untersuchungen liefern physiologische Daten, sie liefern aber keine Stories, Erlebensberichte und soziale Sinnstrukturen. Beides braucht man aber um Kaufentscheidungen zu verstehen und zu beeinflussen. Neuromarketing macht also herkömmliche Methoden nicht obsolet, sondern eröffnet einen zusätzlichen Blick ins Unbewusste.
Autor: Dr. Hans-Georg Häusel
Bilder: ZVG | Dr. Hans-Georg Häusel
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