Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betrifft viele Bereiche des Arbeitslebens. Doch gerade erkrankte Kinder und die damit verbundenen Herausforderungen in der Betreuung können oft zu Problemen in Unternehmen führen.
Pflegeurlaube und dementsprechende Ausfälle sind unter so manchen Auftragslagen für ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen nur schwer umsetzbar. Wie sehen die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus und was kann zum gegenseitigen Verständnis beitragen? Wir haben mit Frau Manuela Schalek, Bundeskoordinatorin des Vereins KiB children care, gesprochen.

Können Sie uns einleitend schildern, welche Möglichkeiten der Gesetzgeber für MitarbeiterInnen deren Kinder erkranken vorsieht und damit einhergehend, welche Rechte und Pflichten das Unternehmen in diesen Fällen hat?
In erster Linie gibt es die Möglichkeit der Pflegefreistellung, wenn Kinder erkranken. Jede Mitarbeiterin, jeder Mitarbeiter hat pro Arbeitsjahr Anspruch auf eine Woche Pflegefreistellung, bei Kindern unter 12 Jahren auf eine zweite Arbeitswoche.
Den Anspruch auf Pflegefreistellung haben ArbeitnehmerInnen sofort nach Antritt des Arbeitsverhältnisses und kann vom Arbeitgeber nicht abgelehnt werden. Die Pflegefreistellung muss dem Arbeitgeber sofort gemeldet werden und verlangt dieser eine ärztliche Bestätigung als Nachweis, dann hat er auch die möglicherweise anfallenden Kosten zu tragen.
Aufgrund der Reform 2013 bei der Pflegefreistellung wurde auch der gemeinsame Haushalt als Voraussetzung aufgehoben. Das bedeutet, auch jener Elternteil, der nicht (mehr) im gemeinsamen Haushalt lebt, kann sich Pflegefreistellung nehmen.
Außerdem neu hinzugekommen ist, dass sich der Lebensgefährte/die Lebensgefährtin im gemeinsamen Haushalt Pflegefreistellung für das nicht leibliche Kind nehmen kann. Möglich ist auch, für mein Kind unter 10 Jahren Pflegefreistellung zu beanspruchen, wenn ich das Kind bei einem Krankenhausaufenthalt begleite.
Wo entstehen dabei die größten Schwierigkeiten für die MitarbeiterInnen, wenn das Kind erkrankt?
Familiäre Strukturen und deren Rahmenbedingungen verändern sich. Diese Veränderungen bringen mit sich, dass es eine Betreuungslücke für erkrankte Kindern zu Hause gibt. Großeltern, welche früher bei der Betreuung tatkräftig unterstützten, stehen entweder selbst im Berufsleben und/oder wohnen zu weit entfernt, um rasch unterstützen zu können.
Krabbelstuben und Kinderbetreuungseinrichtungen werden laufend ausgebaut. Das ermöglicht Eltern, den Familienalltag gut zu organisieren. Eine scheinbar unlösbare Herausforderung entsteht jedoch, wenn ein Kind akut erkrankt und die Eltern nicht die Möglichkeit haben, die gesetzliche Pflegefreistellung in Anspruch zu nehmen oder diese bereits aufgebraucht ist und das familiäre Netzwerk ebenfalls nicht zur Verfügung steht.
Obwohl diese große Betreuungslücke besteht und der Bedarf an Betreuung zu Hause stetig ansteigt, gibt es kaum Dienstleistungsanbieter, die Hilfe anbieten.
Für erkrankte Kinder sind die Bezugspersonen Nummer eins natürlich die Eltern. Doch welche Möglichkeit habe ich, wenn ich mein Kind nicht zu Hause betreuen kann? Sie setzen sich österreichweit ja für ein einzigartiges Modell ein, können Sie dies kurz erläutern?
Derzeit können Eltern in Österreich lediglich über zwei Dienstleistungsorganisationen, in Wien über die Wiener Sozialdienste „Kinderbetreuung Daheim“ und in Graz und Umgebung von der Tagesmütter Graz-Steiermark gemeinnützige Betriebs GmbH „genau jetzt“Unterstützung bei der Betreuung zu Hause bekommen.
Mit der Initiative notfallmama des Vereins KiB können wir Familien bei einem Krankheitsfall rasch und unbürokratisch österreichweit unterstützen. Rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, sind wir für Mitgliedsfamilien erreichbar und unterstützen bei der Organisation einer Notfallmama bzw. eines Notfallpapas, bei Bedarf auch finanziell.
Österreichweit sind wir mit zahlreichen Organisationen und Dienstleistern vernetzt und haben außerdem ein Netz an Notfallmamas und Notfallpapas zur Verfügung, um für Familien im Notfall da zu sein. Notfallmamas/-papas kommen zu den Familien nach Hause und betreuen die Kinder.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Konkreter welche Schritte sind vom Gesetzgeber zu setzen und was wünschen Sie sich von den österreichischen Unternehmen?
Wir wünschen uns eine familienfreundliche Zukunft, wo die Kompetenzen von Eltern mit Kindern geschätzt und diese gerne in Unternehmen aufgenommen werden. Die Pflegefreistellung kann selbstverständlich in Anspruch genommen werden, ohne dass Eltern Angst haben müssen, den Job zu verlieren, oder benachteiligt zu werden.
Unsere klare Forderung an den Gesetzgeber ist, finanzielle Anreize für die Länder zu schaffen, damit auch diese Betreuungslücke geschlossen wird.
Unser Ziel: Für die Betreuung von erkrankten Kindern zu Hause gibt es für Eltern ein österreichweites Netz von leistbaren Dienstleistungsanbietern.
Autor: Bernhard Kröll
Bilder: KIB | Adobe Stock
Infobox: “notfallmama”
Die Initiative „notfallmama“ erreichen Sie rund um die Uhr unter der Nummer 0 664 / 620 30 40. Der Mitgliedsbeitrag beträgt 14,50 Euro pro Monat und pro Familie. Mehr Infos finden Sie auch unter:
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